Für das Handelsblatt ist es „Der Renten-Aufstand der Ökonomen“: 22 der renommiertesten Wirtschaftswissenschaftler des Landes wenden sich am 24. November in einem gemeinsamen Appell an die Bundesregierung und fordern einen kompletten Stopp des Rentenpakets, das eigentlich in der kommenden Woche den Bundestag passieren soll. Das Handelsblatt berichtete vorab über das Statement und veröffentlichte zudem einen Gastkommentar von drei Mit-Initiatoren: Clemens Fuest, Präsident des Münchener Ifo-Instituts, Michael Eilfort, Vorstand der Stiftung Marktwirtschaft und Jörg Rocholl, Präsident der internationalen Wirtschaftshochschule ESMT, kritisieren darin scharf „hektischen Aktionismus“ als „das Gegenteil vorausschauender und nachhaltiger Rentenpolitik“:
Nur bei einer ehrlichen und verlässlichen Rentenpolitik haben die Bürger ausreichend Planungssicherheit, um fundiert langfristige Entscheidungen über ihre Altersversorgung treffen zu können. Dieser Punkt ist von besonderer Bedeutung, wenn es um die zunehmend wichtiger werdende ergänzende betriebliche oder private Vorsorge mittels Kapitaldeckung geht. Für Stabilität, Verlässlichkeit und Vertrauen braucht es daher eine Rentenpolitik mit langem Atem, die berechenbar und fiskalisch nachhaltig ist.
Statt das Rentensystem zukunftsorientiert zu reformieren, so das Autoren-Trio, sei nun weiterhin eine Finanzierung der Rente „aus zusätzlichen Mitteln des ohnehin finanziell überforderten Bundeshaushalts“ geplant, was ein "klassischer Verschiebebahnhof“ sei. Der Bundeshaushalt würde dadurch weiter „versteinern“ und so „das immer wieder geäußerte Ziel, höhere Investitionen auch aus dem Kernhaushalt zu finanzieren, mit Füßen getreten“.
Die harschen Worte haben Gewicht, gelten die drei doch als politisch besonders einflussreiche Ökonomen. So war Eilfort Anfang der 2000er-Jahre Büroleiter von Friedrich Merz in der Unionsfraktion, Rocholl wiederum leitet den Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesfinanzministerium, dem auch Fuest angehört.
Im Aufruf der 22 Ökonomen finden sich weitere Top-Politikberater: Darunter mit Monika Schnitzer, Veronika Grimm und Martin Werding gleich drei der fünf sogenannten Wirtschaftsweisen, die jedes Jahr ein Gutachten zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im Land vorlegen. Oder Axel Börsch-Supan, der in der Rentenkommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ sitzt, die das beim Rentengesetz federführende Arbeits- und Sozialministerium berät. Auch Volker Wieland hat unterzeichnet. Er ist Mitglied im wissenschaftlichen Beraterkreis des Wirtschaftsministeriums.
Ihr gemeinsames Urteil ist eine Breitseite gegen die Regierung:
Die demografisch bedingten strukturellen Probleme des Rentensystems würden weiter verschärft und es käme zu einer zusätzlichen Lastenverschiebung zwischen den Generationen – zulasten der Jüngeren, die schon heute unter steigendem finanziellem Druck stehen. Das Rentenpaket sollte deshalb in Gänze zurückgezogen werden.
Stattdessen sollte die von der Regierung eingesetzte Rentenkommission „eine ausgewogene und fiskalisch nachhaltige Reform in die Wege leiten“. Und bis dahin vorerst alles bleiben, wie es ist.
