Kritik von allen Seiten: Rentenpolitik im Fokus

Screenshot Studie Bertelsmann-Stiftung
Bild: Olaf Wittrock
2025-11-14
Es ist Mitte November und die Debatten um die Zukunft der Renten laufen heiß. Ein Rückblick auf eine Woche voller Protest und Widerspruch. Außerdem: Neue pikante Details zur Frühstartrente.

Christine Fuchsloch ist Präsidentin des Bundessozialgerichts. Als solche vertritt sie ein Verfassungsorgan für höchstrichterliche Angelegenheiten rund um die Sozialversicherung – und insoweit verdient es sicherlich besondere Aufmerksamkeit, wenn sie sich öffentlich Gedanken macht über die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme in diesem Land. Das tat Fuchsloch nun am 11.11. in einem Interview mit der F.A.Z.. Ihre zentrale Botschaft:

„Auch bin ich überzeugt, dass das Rentenalter irgendwann auf über 67 Jahre angehoben werden muss. Ich gehe davon aus, dass diese Entwicklung angesichts steigender Lebenserwartung weitergehen wird.“

Anders gesagt: Wir werden länger arbeiten müssen, damit das Rentensystem nicht zusammenbricht. Zudem äußerte sie auch Sympathie für die Idee, die Renten auf Dauer nicht mehr an die aktuelle Lohnentwicklung zu koppeln, sondern bloß noch an die Inflation. Darüber, so Fuchsloch, müsse man „ohne Schaum vor dem Mund sachlich reden“.

Die kurzfristige Realität ist allerdings eine andere: Im kommenden Juli werden die Rentenbezüge erst mal wieder um 3,7 Prozent steigen - wegen entsprechender Lohnzuwächse. Vor eine größere Rentenreform hat die Bundesregierung erst mal eine Expertenkommission gesetzt, die Ende kommenden Jahres einen Bericht und Vorschläge vorlegen soll. Bei einer Buchvorstellung am 12.11. meldete sich dazu CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und kritisierte die eigenen Reihen durchaus scharf: „Natürlich haben wir dadurch auch Zeit gekauft.“

Junge und Arbeitgeber gegen die Haltelinie

In der Zwischenzeit will die Koalition das sogenannte Rentenniveau vorerst bis zum Jahr 2031 bei 48 Prozent halten – und die dazu fehlenden Milliarden aus dem Haushalt zuschießen. Einen Gesetzentwurf für das entsprechende Rentenpaket hat die Regierung inzwischen in den Bundestag eingebracht – und löste damit eine regelrechte Protestwelle aus.

Zunächst verweigerten 18 junge Abgeordnete der CDU dem Paket die Gefolgschaft und drohten mit einer Blockade im Parlament. An diesem Wochenende trifft sich nun die Junge Union zum Deutschlandtag. Kanzler Friedrich Merz wird dort erneut für das Rentenpaket werben.

Weiterer Protest flammte am Donnerstag aus der Wirtschaft auf. Gleich 32 Wirtschaftsverbände forderten die Regierung in einem gemeinsamen Brief dazu auf, das Rentenpaket zu stoppen – darunter so mächtige Lobbyisten wie der Groß- und Außenhandelsverband, der Arbeitgeberverband Gesamtmetall, der Bau- und der Maschinenbauverband, die Familienunternehmer, der Bund der Steuerzahler und der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft. Ihr Argument: Die Festschreibungen bis zum Jahr 2031 seien nicht finanzierbar - und damit untragbar:

„Besonders befremdlich ist: Die Rentenkommission, die sich mit der langfristigen Neuordnung des Systems ab 2031 befassen soll, hat ihre Arbeit noch gar nicht aufgenommen. Mit dem jetzigen Gesetz würde ihr Handlungsspielraum faktisch zunichtegemacht, noch bevor sie tagt.“

Die Stattdessen-Forderungen der Arbeitgeber, die zusammen für rund 17 Millionen Beschäftigte stehen: Rente mit 63 abschaffen, Renteneintrittsalter anheben und Abschläge für Frührentner erhöhen.

Aktivrente kostet Steuern

Angesichts der vielen Streitigkeiten ums große Ganze gingen zwei Neuigkeiten zu den beiden kleineren Reformvorhaben fast unter: So legte die Bertelsmann-Stiftung eine neue Studie zur geplanten Aktivrente vor, mit der durchaus provokanten Frage „Aktiviert die Aktivrente Ältere?

Antwort:

„Basierend auf den Umfrageergebnissen und Informationen aus dem Mikrozensus wird ein Beschäftigungsanstieg durch die Aktivrente von 25.000 bis 33.000 Vollzeitäquivalenten in der Altersgruppe 66–70 Jahre geschätzt. Dies liegt knapp unter dem Break-Even-Wert von 40.000 Vollzeitäquivalenten, bei dem sich die Reform fiskalisch selbst trägt.“

Anders gesagt: Die Reform kostet erst mal Geld. Damit die Erwerbsbeteiligung Älterer tatsächlich steige, müsse die Politik die neuen Möglichkeiten aktiv bewerben, erklärte Eric Thode, Arbeitsmarktexperte der Bertelsmann Stiftung, nach Medienberichten bei der Präsentation der Ergebnisse – denn die Aktivrente sei bisher weithin unbekannt: „Sonst droht das Potenzial zu verpuffen.“

Frühstartrente erst mal nur für 6-Jährige

Ein spannendes Detail zur sogenannten Frühstartrente, die später in einem Altersvorsorgedepot münden soll, meldete schließlich in dieser Woche die ARD. Wegen knapper Kassen gebe es die 10 Euro Förderung pro Monat im nächsten Jahr nämlich vorerst bloß für Sechsjährige statt wie versprochen für alle Schulkinder. „Die Zahl versteckt sich in den 1.026 Seiten der sogenannten Bereinigungsvorlage“, berichtet die ARD. Dort seien nur 50 Millionen Euro für die Förderung veranschlagt, was bloß für einen einzelnen Jahrgang reiche.

Zugleich sollen offenbar von Beginn an auch Eltern oder Großeltern privates Geld zuzahlen können. Die Gelder wären dann bis zum Renteneintritt gesperrt, Gewinne bis dahin steuerfrei, und das Frühstart-Rentenkonto „anschlussfähig“ für ein ebenfalls gefördertes Altersvorsorgedepot. Fortsetzung folgt.

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