Die Rente als nachwachsender Rohstoff
Der Traum von der ewigen Rente klingt verlockend - und erinnert an die nachhaltige Wirtschaft. Ruheständler sparen so viel an, dass sie ihre Rente aufstocken können, ohne das Kapital selbst anzugreifen. So bleibt das Vermögen theoretisch ewig erhalten, im besten Fall wächst es sogar und lässt sich am Ende vererben. Falls du doch mal mehr Geld brauchst, steht ein größerer Puffer bereit. Klingt ziemlich anspruchsvoll? So abwegig ist der Plan gar nicht.
Wir haben einmal modelliert, wie viel du bis zum Rentenbeginn sparen müsstest, um dir so eine ewige monatliche Rente auszahlen zu können. Dabei gehen wir von einer jährlichen Rendite von sechs Prozent aus, sowie von einer Inflationsrate von zwei Prozent, um die wir die Entnahmen jährlich steigern. Steuern und Abgaben auf Kapitalerträge haben wir nicht berücksichtigt, weil sie sich kaum antizipieren lassen. Zur Einordnung: Im Moment werden 25 Prozent Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer fällig.
Um monatlich 500 Euro Rente aus Kapitalerträgen entnehmen zu können, brauchen Ruheständler zum Rentenbeginn rund 155.000 Euro Vermögen. Für 1.000 Euro monatliche Rente wären es etwa 310.000 Euro, bei 2.000 Euro Rente schon 620.000 Euro. Mit unserem Lückenschlussrechner kannst du selbst ausrechnen, wie viel du im Einzelfall für eine ewige Rente sparen müsstest.
Beachte das Reihenfolge-Risiko
Doch die Prognosen sind mit Vorsicht zu genießen. Ein wesentlicher Knackpunkt der Strategie ist natürlich die Rendite. Die im Beispiel angenommene Rendite von sechs Prozent erscheint zunächst realistisch – der MSCI World Index hat seit seiner Auflegung im Jahr 1987 im Schnitt 8,7 Prozent jährlich geliefert, das reicht dann auch nach Steuern für unsere Annahme. Doch der Durchschnittswert allein hilft nur bedingt. Denn Rendite ist keine glatte Linie. Gerade in der Entnahmephase kann die Reihenfolge der Börsenjahre über den Erfolg deiner Strategie entscheiden. In der Fachsprache nennt man das „Sequence of Return Risk“. Es ist wichtig, in welcher Reihenfolge die „guten“ Börsenjahre kommen, damit das Depot nicht in den ersten Jahren leerläuft.
Trifft ein Crash gleich zu Beginn der Rente, musst du nun mal mehr Anteile verkaufen, um den gleichen Betrag zu entnehmen. Das Kapital schrumpft dann schnell und es gibt weniger Substanz, auf die später der Zinseszinseffekt wirken kann. Ein Rechenbeispiel verdeutlicht auch das:
Maria und Jon starten beide mit 300.000 Euro Vermögen in den Ruhestand. Beide entnehmen jährlich 12.000 Euro zu Jahresbeginn. Das restliche Geld bleibt voll in einen ETF auf den MSCI World investiert. Für die Vergleichsbetrachtung lassen wir jetzt mal Kosten und Steuern außen vor und blenden auch die Inflation aus. Einziger Unterschied: Maria beginnt im Jahr 2000, also während der Dotcom-Krise mit der Anlage. Jon beginnt dagegen während einer Boom-Phase im Jahr 2010. Nach jeweils 10 Jahren haben die beiden jetzt völlig unterschiedliche Werte im Depot: Bei Maria sind von 300.000 Euro Anfangsvermögen im Jahr 2010 nur noch 97.233 Euro übrig. Bei Jon hat sich der Kapitalstock dank guter Börsenjahre von 2010 bis 2020 auf 755.043 Euro mehr als verdoppelt.
So sicherst du schlechte Börsenjahre ab
Ob für eine ewige Rente oder einfach, um finanzielle Durststrecken zu überbrücken: Die beste Strategie lautet, Entnahmen flexibel an die aktuelle Lage anzupassen. Du kannst auch zum Rentenbeginn einen Teil deines Vermögens in risikoarme Assetklassen umschichten. Dann bist du in schwachen Börsenphasen nicht allein auf Aktien angewiesen. Stell dir deine private Rente dazu wie einen Cappuccino vor: Der Kaffee in der Tasse ist dein eher schwankungsarmes Basisdepot. Die attraktive Milchhaube liefern chancenreiche Aktien. In stürmischen Marktphasen greifst du eben zum Café Crème, lässt die Milch also weg. So sicherst du dein Vermögen und hast auch in der Krise noch genug Koffein.






